Eine typische Meditationssitzung sieht in etwa so aus: Man sitzt still, mit geradem Rücken, die Wirbelsäule ist aufrecht wie ein „Stapel Goldmünzen“, wie es in einer klassischen Anweisung heißt. Es hilft, sich vorzustellen, dass am Scheitelpunkt des Kopfes eine Schnur festgemacht ist, die einen sanft nach oben zieht und dabei die Wirbelsäule dehnt und aufrichtet. Das Sitzen ist gleichzeitig so aufrecht und so entspannt wie möglich. Die Schulter entspannen sich und senken sich nach unten. Die Hände ruhen im Schoß oder auf den Oberschenkeln. Die Augen sind offen oder geschlossen. (Ich ziehe die Meditation mit offenen Augen vor.) Wenn die Augen offen gelassen werden schauen sie entspannt auf einen Punkt ca. einen Meter vor sich auf dem Fußboden. Das Bewusstsein wird auf die Atmung oder ein (schönes) Fokuswort oder -objekt gelenkt und dort beibehalten. (Ich fokussiere gerne auf meine Bauchdecke, die sich im Rhythmus der Atmung bewegt. Oder ich zähle von 1 bis 10 und beginne dann wieder bei 1 und immer so weiter.)
Alle sonstigen Gedanken, Empfindungen oder Sinneseindrücke, die im Raum des Gewahrseins auftauchen, werden zwar registriert doch anschließend sich selbst überlassen. Man verankert sich mehr und mehr in der Position des achtsamen Beobachters, lässt Gedanken und alle anderen möglichen Objekte der Beobachtung vorbeiziehen und folgt ihnen nicht und greift nicht nach ihnen. Vergleichbar ist diese Haltung der beobachtenden Wahrnehmung eines Passanten, der am Straßenrand steht und der Parade eines Umzugs zuschaut, die auf der Straße an ihm vorbeizieht. Der Passant beobachtet nur, er steht und schaut und reiht sich nicht in die Prozession ein. Die Intention in der Meditation ist genau dieses: Gleichsam am Rande der Parade stehen zu bleiben, der Prozession der vorbei ziehenden Objekte – in der Regel der eigenen Gedanken – zuzuschauen, ihr jedoch nicht zu folgen. Geschieht dies dennoch, was unvermeidlich ist und zumal am Anfang sehr häufig passiert, so kehrt man – ohne sich für das Abschweifen zu verurteilen oder ein Problem daraus zu machen – mit all der freundlichen Nachsicht gegenüber sich selbst zu der man in der Lage ist – zu seiner Beobachterposition zurück.
Meditation ist also nicht Nichtstun, sondern das Aufrechterhalten eines ebenso entspannten wie konzentrierten Gewahrseins. Für den angemessenen Spannungsgrad der Konzentration hat Buddha selbst das Bild der richtigen Spannung der Saite eines Musikinstruments gewählt: weder zu fest noch zu weich.
Die Dauer einer solchen Meditation kann variieren. In westlichen Kulturkreisen haben sich 20 Minuten als „Standard-Meditations-Zeit“, wie dies der tibetische Meditationslehrer Sogyal Rinpoche scherzhaft nennt, heraus gebildet. Sie kann sehr viel länger dauern oder auch kürzer sein. (Ich meditiere oft – einer Empfehlung von Jon Kabat-Zinn folgend – über eine Dauer von 45 Minuten.) Entscheidend ist jedoch nicht die Dauer, sondern die Qualität der Meditation. Es ist sinnvoll, die Meditation als mehr oder minder tägliche Praxis in den eigenen Alltag einzubauen. Üben ist auch hier entscheidend. Geben Sie nicht auf wenn sich nicht sofort Erfolge einstellen, sondern wappnen sich mit der „Rüstung der Geduld“. Wenn sie mit Ausdauer und entspannt weiter üben, werden sich Fortschritte an innerer Ruhe und Gelassenheit mit Sicherheit einstellen.